Nachdem ich vor kurzem mal Freelancer in die Hände gekriegt habe, musste ich es natürlich gleich mal anspielen (was meine Produktivität gleich mal wieder in den Keller sinken ließ - aber das ist eine andere Geschichte *g*).
Ich will hier mal einen Überblick geben, was ich von dem Spiel so halte. Einführend sollte ich wohl dazu bemerken, dass ich den geistigen Vorgänger,Wing Commander Privateer, nie gespielt habe, wohl aber dessen geistigen Vater, Elite - sowohl auf C64 als auch auf PC. Außerdem habe ich Port Royale (die HP findet sich auf www.ascaron.com) gespielt, ein Spiel, welches zwar ein völlig anderes Setting hat ("Fluch der Karibik"-like), aber vom Spielprinzip her sehr ähnlich aufgebaut ist. Zu letzterem werde ich auch gelegentlich Bezug nehmen.
Alles in allem macht das Spiel erstmal einen recht gelungenen Eindruck - auch wenn ich am Anfang den Eindruck bekam, das ganze sei mehr sowas wie ein interaktiver Spielfilm - etwas mehr Spielerinteraktion während der Einführung würde da nicht schaden. Die Grafik ist jedenfalls angemessen und es kommt eigentlich gleich so ein richtiges Elite-Feeling auf. Trotzdem gab's dann letztendlich einiges an dem Spiel, was mir nicht so gefallen hat... aber ich will ja nicht vorgreifen.
Zur Story:
Die Story des Spiels zog sich (bei mir) über ca. 17 Stunden reine Spielzeit. Dabei fand ich sehr gut, dass sich Story und freies Spiel immer wieder abwechselten - man hatte immer wieder Gelegenheit sich auf den nächsten Teil der Story ausreichend vorzubereiten und nebenbei ein paar Aufträge zu erledigen.
Dass es nur einen Handlungsstrang gibt, will ich mal dahingestellt lassen - andere Spiele machen das (leider) auch nicht besser - wohl eine Budget-Frage.
Was ein bisschen schade ist, ist die Tatsache, dass man zwar eigentlich ständig nur rumkommandiert wird, aber trotzdem im Weltall fast immer die Führung übernimmt. Wozu gibt's den tollen Formationsknopf, wenn letztendlich sowieso alle mir nachfliegen?!? Da wär ein bisschen mehr Ausgewogenheit angebracht - d.h. es sollte sowohl einerseits der Held mehr Initiative in der Story bekommen, als auch andererseits der Spieler öfter dazu verpflichtet sein, einer NPC-Gruppe zu folgen - das würde das Gefühl, Teil einer anderen Welt zu sein, beträchtlich verstärken.
Was ebenfalls auf Dauer nervt, sind die Animationen. Ein paar weniger, bzw. ersetzt durch gescriptete Ereignisse, in denen der Spieler die Kontrolle über sein Schiff behält, würden manches Frustgefühl vermeiden - insbesondere in Situationen, in denen man feststellen muß, dass 5 Sekunden nachdem man die Kontrolle über sein Schiff wieder bekommen hat, selbiges bereits ins Jenseits befördert wurde, weil das Schiff während der Zwischensequenz einen Totalstopp mitten im Gefecht hingelegt hat. Das müsste nicht sein.
Die Missionen:
Zwischendurch gibt's immer wieder einzelne Missionen, die man sich auf den diversen Planeten/Raumstationen an der Bar holen kann. Diese sollen für eine "unendliche Geschichte" nach und während des Haupt-Handlungsstrangs sorgen. Leider gelingt dies nur teilweise. Zwar ist die Idee an und für sich gut, jedoch gibt es zuwenige (unterschiedliche) Missionen. Meist beschränken sie sich auf "zerstöre XY". Port Royale machts vor: Dort gibt es Geleitschutzmissionen, Warentransportmissionen, Erkundungsmissionen und mehr. Insbesondere Geleitschutzmissionen könnte ich mir bei Freelancer durchaus gut vorstellen (Stichwort "Formationsbutton" - als ich den sah, hab ich sowas eigentlich erwartet).
Negativ fällt auch auf, dass man nur einen Auftrag gleichzeitig annehmen kann - dafür gibt es eigentlich keine vernünftige Erklärung. Also warum musste das sein?
Auch die Belohnung von Aufträgen könnte abwechslungsreicher sein. Denkbar wäre statt Geld z.B. ein günstiges Angebot für bestimmte Waren, Informationen, ein Identitätshack um Ansehen bei einer bestimmten Fraktion zu gewinnen, ein neues Schiff, ... schade dass da nicht soweit gedacht wurde.
Zur Action:
Action gibt's in dem Spiel reichlich - was einerseits positiv ist: es wird einem nie langweilig. Andererseits scheinen die diversen Polizei- und Konzernstreitkräfte total überfordert mit ihrer Hauptaufgabe zu sein: Ruhe und Frieden herzustellen. Es hätte dem Spielspass keinen Abbruch getan, wenn zumindest in bestimmten Zonen (Hauptplaneten, Haupthandelsrouten) ein Angriff äußerst unwahrscheinlich wäre. Insofern sollte man erwähnen: es gibt eine Einteilung der Karten in gefährliche, neutrale und ungefährliche Zonen - allerdings bedeutet ungefährlich eben keinesfalls, dass ein unbescholtener Bürger hier friedlich leben könnte - nur dass er pro Tag nur einen Kampf hinter sich bringen muss.
Ich hätte kein Problem darin gesehen, Zonen zu schaffen, in denen es wirklich ruhig zugeht. Negativ finde ich in diesem Fall auch die Entscheidung, gleich im Anfangssystem ein "gefährlich"-Feld einzubauen - noch dazu am Ende einer regulären Handelsroute - das dämpft den anfänglichen Erkundungsdrang schon gleich erheblich.
Das Handelssystem:
Das Handelssystem ist leider nicht sonderlich ausgefeilt - da spielen Spiele wie Port Royale doch gleich in einer ganz anderen Liga. Leider sind sämtliche Händler in Freelancer ziemlich vorhersagbar bezüglich ihrer Auswahl - sowas wie Schnäppchen gibt es praktisch nicht. Dynamische Preisveränderungen und beschränkte Warenvorräte sucht man sowieso vergebens. Verwirrend wirkt zudem, dass die Preisgestaltung teilweise unlogisch wirkt. Einerseits scheinen manche Planeten, bei denen der gesunde Menschenverstand auf guten Absatz hoffen läßt, absolut unpassende Preise zu bieten, andererseits wirken die Standardpreise, die offensichtlich existieren, wenn ein Planet keine eigenen Preise für ein spezielles Produkt angibt, sehr seltsam - insbesondere wenn diese Preise niedriger sind als bei einem produzierenden Planeten.
Gut fand ich die Kennzeichnung mittels eines Ampelsystems bezüglich der Rentabilität - also ob der lokal gebotene Preis hoch, durchschnittlich oder niedrig ist. Allerdings hätte ich es besser gefunden, wenn sich diese Kennzeichnung nicht auf das gesamte System bezieht, sondern nur auf die bereits entdeckten Handelsstationen.
Leider bleibt einem eine Laufbahn als reine "Krämerseele" versagt - nicht nur wegen des mageren Handelssystems sondern auch wegen der oben bereits erwähnten häufigen Überfälle auch in angeblich sicheren Gebieten.
Sehr seltsam wirkte auch die Auswahl an Schiffen - nach dem Ende der Story gewann ich den Eindruck, die Liberty-Force sei im Vergleich zu z.B. der Rheinwehr die reinste Kindergartengruppe. Zwar ist es durchaus gerechtfertigt, den Spieler langsam an die Schiffe heranzuführen, aber nicht unbedingt auf diese Weise. Außerdem steigt die Motivation beträchtlich, wenn man schon im Vorhinein sieht, auf was man sparen will.
Überaus schade ist auch die Tatsache, dass man die schweren Schiffe im Spiel (Kreuzer, Schlachtschiffe) nicht spielen kann - die Auswahl beschränkt sich auf schwere und leichte Jäger, sowie Frachter. Dieses Problem wird zwar von bestimmten Mods behoben, aber ich sehe keinen Grund, warum man dieses Feature nicht direkt ins Spiel eingebaut hat.
Bezüglich der Schiffe fehlt mir auch noch eine stärkere Differenzierung: Eigentlich hätte ich mir erwartet, dass ein leichter Jäger viel schneller und wendiger als ein schwerer Jäger und/oder ein Frachter ist - aber offensichtlich sind die Schiffe alle gleich schnell und wendig. Es gibt - außer dem günstigeren Preis - keinen Grund sich einen leichten Jäger zu kaufen.
Gameplay / Misc:
Überaus störend wirken die ganzen Animationen bei der Interaktion mit/auf den Planeten/Sternbasen - insbesondere da sie sich teilweise nicht unterbrechen lassen. Hier wäre weniger mehr gewesen - ich interessiere mich eigentlich eh nicht dafür, wie mein momentaner Geschäftspartner als 3D-Modell aussieht - ich will wissen was für Preise er bietet und das schnell.
Positiv überrascht haben mich dagegen die Handelsrouten - das ist ein klares und überaus sinnvolles Konzept um die Reisen zwischen den Planeten zu beschleunigen, ohne dabei die Multiplayerfähigkeit zu beeinträchtigen.
Noch eine kurze Bemerkung zu Mods: Eine kurze Suche im Web scheint darauf hinzudeuten, dass das Spiel zwar gemoddet werden kann (es existieren einige Mods), dass aber nur ein Mod auf einmal installiert werden kann und dieser das Originalspiel dabei überschreibt. Das ist überaus schade - eine Unterstützung für die Mod-Community a la Quake oder Unreal hätte diesem Projekt sicher gut getan.
Zusammenfassung:
Zusammenfassend muss ich sagen, das Spiel hat für mich eine gewisse Ähnlichkeit mit Dungeon Siege (auch von Microsoft) - anfangs durchaus nett, aber nach einer gewissen Zeit fehlt irgendwie die Spieltiefe. Port Royale hat mir diesbezüglich deutlich mehr gegeben (auch wenn dieses seine eigenen Schwächen hatte). Schade eigentlich - anfangs dachte ich fast ich hätte mal Software von Microsoft gefunden, die mir zugesagt hätte.
Schade auch deswegen, weil ich mir schon lange einen würdigen Elite-Nachfolger wünsche... diesbezüglich werde ich demnächst sicher mal sowohl die neue Vega Strike Version (0.4.3) als auch einen oder beide Privateer-Vega-Strike-Nachbauten antesten - alle drei versprechen viel und sind zudem Open Source, was einerseits das Mod-Problem löst und mir andererseits einen nervigen Reboot erspart.
Donnerstag, August 11, 2005
Freelancer Review
Eingestellt von balanceofcowards um 23:30
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